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Broschüre von Ulrike Herrmann, Redakteurin bei der taz

Freihandel: Projekt der Mächtigen, herausgegeben von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brüssel.

http://www.rosalux.de/publication/40414

 

Die Amerikaner und Europäer verhandeln über ein Freihandelsabkommen namens TTIP. Aber warum eigentlich? Der Handel floriert doch schon. Gleichzeitig wird das eigentliche Handelshemmnis nicht angegangen: die Devisenspekulation, die die Währungskurse extrem schwanken lässt und Exportgüter ad hoc verteuert. Die politische Obsession mit dem Freihandel lässt sich nicht verstehen, wenn man sich nur die aktuellen Verhandlungen ansieht, sondern man muss in die Geschichte zurückgehen. Die vergangenen 250 Jahre erklären, wie die Industrieländer reich wurden, warum die Entwicklungsländer arm bleiben – und wieso der Freihandel nur den reichen Ländern nützt.

Freihandel ist eine Ideologie der Mächtigen und kann ein sehr potentes Mittel sein, um Lobbyismus zu betreiben. Die Kritiker haben also Recht, wenn sie TTIP verhindern wollen. Trotzdem sind manche Schlagworte falsch, mit denen die Aktivisten mobilisieren. Das berühmte «Chlorhähnchen» wird nicht kommen, vor dem so viele Verbraucher in Deutschland Angst haben. Die Strategie der Konzerne ist perfider: Die Lobbyisten werden versuchen, bestimmte Konsultationsverfahren durchzusetzen, die ihnen enormen Einfluss einräumen würden – auf zwei Kontinenten und damit weltweit. TTIP ist ein spannendes Thema: Wie in einem Brennglas zeigt es, wie Kapitalismus funktioniert – und welche Macht die Politik trotzdem hat.

Inhalt:

  • Eine weltweite Mode: Freihandelsabkommen
  • Vor 250 Jahren: Wie die Theorie vom Freihandel entstand
  • Wie die Industrieländer reich wurden: durch Protektionismus, nicht durch Freihandel
  • Das Leiden der Entwicklungsländer: Freihandel nutzt nur den Mächtigen
  • Warum TTIP sein soll: Über Autoblinker und Seitenspiegel
  • Verhandelt wird geheim: Die Rhetorik des Betrugs
  • TTIP-Kritiker sollten gewarnt sein: Das Chlorhähnchen kommt nicht
  • Am Grundgesetz vorbei: Sonderrechte für Investoren
  • Zum Schluss: Eine Warnung aus Kanada
  • Literatur

Kanada wurde im März zu 300 Millionen Dollars Schadenersatz verurteilt

Weil ein Bergbauprojekt der amerikanischen Firma Bilcon nach einer negativen Prüfung der Umweltverträglichkeit abgelehnt wurde, muss nun Kanada Schadenersatz zahlen. Das Schiedsgericht gab dem Unternehmen Recht, so dass Umweltschützer fürchten, es könnte Präzedenzfall-Charakter haben.

Die Liste solcher Fälle wird immer länger… umgekehrt – zugunsten von Staaten gegen Konzerne – aber nicht.

Englisch:

http://www.theglobeandmail.com/report-on-business/nafta-ruling-against-canada-sparks-fears-over-future-dispute-settlements/article23603613/

 

Deutsch:

http://www.oekobuero.at/ttip-300-millionen-dollar-schadenersatz-fuer-eine-negative-umweltvertraeglichkeitspruefung

Suez gewinnt gegen Argentiniens Regierung

Nun hat das Schiedsgericht entschieden: Argentinien soll dem französischen Konzern Suez Environnement 405 Millionen US-Dollars zahlen.

Argentinien hatte den Vertrag mit Suez gekündigt und 2006 hatte der Konzern einen Prozeß gegen die argentinische Regierung gestartet. Das Urteil begünstigt Suez… ein Beispiel von dem, was uns erwarten könnte, wenn die Wasserversorgug privatisert wird und wir es rückgängig machen wollen.

 

http://www.infobae.com/2015/04/09/1721204-fallo-contra-la-argentina-debera-pagar-us405-millones-suez

(runterscrollen auf der Webseite, um die PM von Suez auf Englisch zu lesen)

 

 

Fragt doch Euren Abgeordneten

Sigmar Gabriel hat die Fragen so beantwortet:

„Bei der Diskussion um das Transatlantische Handelsabkommen handelt sich um eine enorm wichtige Debatte, bei der es die Möglichkeit geben muss, diese auch kontrovers zu führen.  Viele Bürgerinnen und Bürger verbinden Vorbehalte und Sorgen mit dem Abkommen. Diese Fragen sachlich, ehrlich und offen miteinander weiter zu diskutieren, ist wichtig.“

Sprich Sigmar Gabriel sieht von einer Beantwortung der Fragen ab, obwohl sie angeblich wichtig sind.

Für München sitzen im Bundestag:

Johannes Singhammer, Florian Post, Doris Wagner, Dr. Wolfgang Stefinger, Claudia Tausend, Dr. Peter Gauweiler, Nicole Gohlke, Dr. Hans-Peter Uhl, Dieter Janecek

Und hier die Fragenliste:

1. Regulatorische Kooperation

Die regulatorische Kooperation im Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA ermöglicht es Lobbyisten, geplante regionale Regulierungen und Gesetzesinitiativen im voraus zu prüfen und gegebenenfalls neu zu formulieren.
Sollte das Abkommen zum Abschluss kommen: Wie wollen sie diese Fußfessel für die Legislative und Entmündigung demokratisch gewählter Mandatsträger rechtfertigen?

2. Transatlantischer Handel und Datenschutz

Transatlantischer Handel findet heute zu 100% über das Internet statt.
Wie kann ein Freihandelsabkommen im „NSA-Zeitalter“ ohne umfassenden Datenschutz die Freiheit des Handels vor Ausspähung und den Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Verbraucher garantieren?

3. Vorsorgeprinzip

Als einen Grundsatz ihrer Politik hat die EU das Vorsorgeprinzip verankert. Dieses besagt, dass Belastungen für die Umwelt oder Schäden für die menschliche Gesundheit (bei unvollständiger Wissensbasis) im Voraus vermieden oder weitgehend verringert werden sollen. Immer wieder sind
Politiker dem Druck der den Agrarmarkt beherrschenden Konzernen ausgesetzt, man möge dieses Prinzip aufgeben, da Chancen für eine konkurrenzfähige Landwirtschaft vertan würden (z.B. Zulassung GMO, Hormone in der Tiermast). Dass jedoch bei Missachtung des Vorsorgeprinzips der volkswirtschaftliche Schaden gegenüber den privatwirtschaftlichen Gewinnen ins Unermessliche steigen kann, stellte die Europäische Umweltagentur schon 2004 fest und beschreibt dies in
zahlreichen Beispielen.
Wie werden Sie sicherstellen, dass das Vorsorgeprinzip im Rahmen des Freihandelsabkommens aufrecht erhalten bleibt? Wenn Sie keine Einflussmöglichkeiten sehen, werden Sie dann gegen das Abkommen stimmen?

4. Einheitliche Standards

TTIP verspricht die Vereinheitlichung oder gegenseitige Anerkennung von Standards. In den USA liegt die Kompetenz für Definition und Überwachung von Standards aber in den meisten Fällen im
privatrechtlichen Bereich oder bei den Bundesstaaten. Die US-Bundesregierung hat also keinen direkten Einfluss darauf.
Wie wollen Sie sicher stellen, dass es im Zuge von TTIP keine einseitige Anerkennung von US-Standards in der EU ohne entsprechende Anerkennung der EU-Standards in den USA gibt?

5. Immaterialgüter

Ein Ziel von TTIP ist für Immaterialgüter im Zielland den gleichen Schutz zu garantieren wie im Ursprungsland.
Was halten Sie davon, dass damit Trivialpatente aus den USA in der EU durchsetzbar werden?

6. Investorenschutz und CETA

In dem jetzt vorliegenden Vertragstext des Freihandelsabkommens CETA der EU mit Kanada (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/september/tradoc_152806.pdf) ist ein Investorenschutz durch nicht staatliche Schiedsgerichte vorgesehen, deren Entscheidungen für die Vertragsstaaten
bindend sind. Kanada und die Mitgliedsstaaten der EU sind Rechtsstaaten. Halten Sie eine zusätzliche übergeordnete private Schiedsgerichtsbarkeit im CETA-Abkommen zur Durchsetzung unternehmerischer Interessen für erforderlich?
Würden Sie bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag dem CETA-Vertrag zustimmen?